Laisser faire, Kantengut, Chur
Ausgangslage
Viele Räume in der Alterssiedlung Kantengut sind mit Kunstwerken ausgestattet. Für den Korridor, der vom Eingangsbereich ins Gebäude hineinführt, wurde über verschiedene Galerien ein Kunstkonzept gesucht. Durch die Vermittlung von Luciano Fasciati hat Gian Haene am Wettbewerb teilgenommen und 2016 sein Werk Laisser faire realisiert. Dieses befindet sich in einem öffentlich zugänglichen Teil der Siedlung und kann somit auch von Besuchern erlebt werden.
Gehen, wandern, laisser faire ...
Das Werk besteht aus zehn einzelnen Holzschnitt-Reliefs, je einen Meter lang, die sich – obwohl getrennt durch Zwischenräume – aneinanderreihen und zu einem zusammenhängenden Bildband vereinen. Die querformatigen Bilder zeigen Ausschnitte der Landschaft, die sich von Chur bis zum Walensee erstreckt – für viele Bewohner der Alterssiedlung eine vertraute Umgebung. Gian Haene nutzt hier die Raumsituation, um aus dem Gang durch den Korridor gleichzeitig eine Wanderung entlang dem Rheinufer zu machen. Der Weg führt durch den Wald in eine offene Landschaft mit Sicht auf den See und die Churfirsten.
In ein freundliches Blau getaucht, ziehen die Bilder den Blick in die Ferne und öffnen den schmalen Raum für die Dauer einer imaginären Wanderung. Manche der Bewohner schreiten diesen Weg ganz langsam in kleinen Schritten ab. Tatsächlich führt der fensterlose Gang in einen Raum mit Tageslicht und weiter durch eine Glastür in den Garten.
... mit japanischer Leichtigkeit
Nichts vom Menschen Geschaffenes ist auf den Bildern zu sehen. Nur die sich ablösenden Perspektiven auf den Fluss, die Berge und die Bäume im Vordergrund. Darin spiegelt sich die intensive Naturbetrachtung, die der Arbeit an der Holzplatte zugrunde liegt. Den Weg am Rheinufer selbst zu wandern und zu erleben, ist für Gian Haene die Basis; Skizzen und Fotografien kommen unterstützend dazu.
Ähnlich wie in der japanischen Kalligrafie ist die Vorbereitung von grosser Bedeutung: Erst wenn ein klares inneres Bild sich einstellt und die Entscheidung für den Bildausschnitt fällt, überträgt der Künstler die Umrisse für seinen Holzschnitt auf die MDF-Platte. Rasch und im Wissen, dass er nicht korrigieren kann, zeichnet er die Formen mit chinesischer Tusche in einem einzigen Arbeitsgang über mehrere Platten hinweg. Die Horizontlinie behält er dabei ebenso im Auge wie die Wirkung von Licht und Schatten. Der Holzschnitt setzt sich jeweils über den fünf Zentimeter tiefen Rand des Bildkörpers fort und betont damit den Objektcharakter des Werks.
So vereint die Kunst am Bau im Kantengut in sich eine meditative Qualität und Leichtigkeit, körperhafte Präsenz und Tiefenwirkung.